
Luchterhand
Fester Einband
224 Seiten
Erscheinungsdatum 13.05.2019
ISBN: 9783630875538
Preis: 22,00 Euro
Klappentext
Nach außen hin führt Adèle ein Leben, dem es an nichts fehlt. Siearbeitet für eine Pariser Tageszeitung, ist unabhängig. Mit ihrem Ehemann, einem Chirurgen, und ihrem kleinen Sohn lebt sie in einem schicken Viertel, ganz in der Nähe von Montmartre. Sie reisen , sie fahren übers Wochenende ans Meer. Dennoch stellt Adèle dieses Leben nicht zufrieden. Gelangweilt eilt sie durch die grauen Straßen, trifft sich mit Männern, hat Sex mit Fremden. Sie weiß, dass ihr die Kontrolle entgleitet. Sie weiß, dass sie ihre Familie verlieren könnte. Trotzdem setzt sie alles aufs Spiel.
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„Adèle hat Lucien aus demselben Grund bekommen, aus dem sie geheiratet hat. Um dazuzugehören und wie die anderen zu sein. Indem sie Ehefrau und Mutter wurde, hat sie sich mit einer schützenden Aura der Achtbarkeit umgeben, die ihr keiner mehr nehmen kann. Sie hat sich einen Zufluchtsort für die angsterfüllten Abende geschaffen, einen bequemen Schlupfwinkel für die Tage der Ausschweifung.“ (Seite 34)
Adèle hat eigentlich alles … einen tollen Mann und einen Sohn den sie sich gewünscht hat. Sie lebt in einem schicken Pariser Vorort, ist frei Journalistin und unabhängig. Und doch fehlt ihr der gewisse Kick im Leben. Diesen Kick holt Adèle, in dem sie mit wildfremdem Männern harten Sex hat. Immer und immer wieder. Härter und härter. Aber auch das erfüllt sie nicht wirklich. Sie will mehr …
Als ihr Mann dahinter kommt, bringt er sie aufs Land, weit weg von Paris und ihren Affären. Er sperrt sie in einen goldenen Käfig, will sie ganz allein für sich. Doch eines Tages ergibt sich für Adèle die Möglichkeit nach Paris zu reisen. Kann sie sich dem Sog vergangener Zeiten wirklich entziehen?
„Sie hatte sich eingeredet, dass ein Kind sie heilen würde. Dass die Mutterschaft der einzige Ausweg aus ihrem Überdruss wäre, die einzige Lösung, um ihr die ewige Flucht nach vorne endgültig abzuschneiden. Sie hatte sich in die Schwangerschaft gestürzt, wie ein Patient in eine zwingend erforderliche Behandlung eingewilligt. Sie hatte dieses Kind gemacht oder besser, es wurde ihr gemacht, ohne dass sie Widerstand leistete, in der verrückten Hoffnung, es würde ihr Linderung bringen.“ (Seite 35/36)
Ach je … was für eine arme Gestalt. Adèle hat mir von Anfang an nur leid getan. Beim Lesen konnte ich ihrer innere Zerrissenheit spüren. Auf der einen Seite will sie das bürgerliche und spießige Leben. Will verheiratet sein und Kinder haben. Will auf dem Land leben und für einen Job in die Stadt fahren. Aber warum? Weil das Leben es so „vorschreibt“? Weil das so ist?
Doch in diesem ach so bürgerlichen Leben fehlt ihr der Kick, das gewisse Etwas … Liebe, Begehrt werden, aber auch Kontrolle und Macht. Das holt sie sich bei ihren Abenteuern, dem harten Sex mit den fremden Männern. Und wenn sie dann nach einer solchen Nacht, voller blauen Flecke und Blutergüsse nach Hause zurück kehrt, fühlt sie sich schmutzig und verlogen. Schwört sich selber damit aufzuhören und doch zieht sie am selben Tag wieder los, um die Männer zu treffen.
„Sie hat es immer gemocht Hunger zu haben. Zu spüren, wie man schwächer wird, schwankt, zu fühlen, wie der Magen sich zusammenzieht, und dann zu siegen, kein Verlangen mehr zu haben, darüberzustehen. Sie hatte ihrer Magerkeit kultiviert wie eine Lebenskunst.“ (Seite 72)
Slimanis hat mich schon mit ihrem ersten Roman „Dann schlaf auch du“ ans Buch gefesselt und begeistert. Mit ihrem neuen Roman gelingt dies wieder. Viele Szenen im Buch sind echt grenzwertig, verdeutlichen aber wie sehr Adèle in ihrer Sucht, ja man muss es wirklich Sucht nennen, gefangen ist. Mit jedem Satz mehr tut mir diese Frau einfach nur leid. Ich möchte ihr eine Hand reichen und sagen, es wird alles gut. Doch wird es das? Kann es das?
Was für ein gewaltiges Buch. Slimani erzählt schonungslos und sprachgewaltig. Sie traut sich an Tabuthemen heran und das mit einer wahnsinnigen Intensität. Ein Buch das berührt und bleibt …
Bitte mehr davon.
Chapeau ♥♥♥
Eine Protagonistin, bei ich glaube ich Probleme hätte, mich in sie hinein zu versetzen.
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