Orchis von Verena Stauffer

Kremayr & Scheriau
Fester Einband
256 Seiten
Erscheinungsdatum:
12.03.2018
ISBN: 9783218011044
Preis: 22,90 Euro

Klappentext
Anselm ist Botaniker und leidenschaftlicher Orchideenforscher. Mitte des 19. Jahrhunderts begibt er sich auf eine Expedition nach Madagaskar. Dort findet er nicht nur die schönste Orchidee der Welt, sondern Erfüllung, die aber nur von kurzer Dauer ist. Auf dem Schiff zurück in die Heimat verrückt sich etwas in Anselm: Aus seiner Schulter wächst eine Orchidee. Zu Hause angekommen, bringen ihn seine Eltern in eine Nervenheilanstalt, wo er sich bald wieder erholt. Seiner wissenschaftlichen Laufbahn scheint nichts mehr im Wege zu stehen. Doch die Zeit arbeitet gegen ihn: Die politischen Umbrüche verändern sein Umfeld. Die wissenschaftlichen Neuerungen durch Darwin stellen seine Theorien auf den Kopf. Und die überstürzte Reise nach China bringt Ungeahntes zutage.

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„Regen. Gleichmäßig und flächendeckend rieselten Millionen gläserner Fallschirme vom Himmel zur Erde, Wolkentröpfchen, welche den Taupunkt erreicht hatten und in hoher Fallgeschwindigkeit hervorbrachen, um das Land zu tränken.“(Seite 45)

Anselm ist leidenschaftlicher Botaniker und Orchideensammler. Er befindet sich gerade in Madagaskar, um dort eine neue Orchidee zu finden. Er ist überwältig von Land und Leute. Kurz bevor das Schiff Richtung Heimat ablegt, findet er seine einzigartige Orchidee. Anselm ist beseelt von ihrer Schönheit. Auf der Heimfahrt erkrankt der junge Botaniker so schwer, dass er sich immer mehr in Halluzinationen verirrt. Schließlich glaubt er, dass ihm eine Orchidee auf der Schulter wäschst. In der Heimat angekommen, lassen seine Eltern ihn in eine Nervenheilanstalt einweisen. Dort kann Anselm auch wieder genesen. Er nimmt seine Arbeit als Botaniker wieder auf. Nicht nur die politische Lage hat sich während seiner Krankheit verändert, nein, er muss jetzt auch noch gegen Darwins Theorien kämpfen, um selbst gefeiert und gepriesen zu werden. Doch dann bricht er übereilt nach China auf …

„Und dann wieder die Geiger, die ihre Bögen an den Saiten schwangen, diese Säbel, von Papier diktierten Maschinen! Die Übersetzer waren, Übersetzer der Noten in Töne. Höchste Genauigkeit lag in jeder ihrer Bewegungen, in mathematischen Winkeln verliefen ihre Armsensen, ihre Hebel von Nähmaschinen und draußen schien der Mond weiß, während in der Oper übersetzt wurde, versucht wurde zu spielen, was einer sich lange ausdachte.
Die Bläser gegen die Streicher. Fleisch gegen Geist, Zärtlichkeit gegen Wildheit, Vertrauen gegen Lust.“ (Seite 129)

Die Geschichte um Anselm und seine Orchideen ist jetzt keine mega Story, in der es auf und ab geht. Sie liest sich dennoch spannend. Vor allem die vielen Details über die Orchideen fand ich interessant und spannend.

Was an diesem Buch fasziniert und mich echt umgehauen hat ist die Sprache. Oh mein Gott … was für eine Sprache! Ich habe selten ein so sprachgewaltiges Buch erlebt. Stauffers Beschreibungen ließen mir manches Mal mein Herz schneller schlagen. Oft hatte ich das Gefühl, ich stehe mit Anselm in diesen Orchideenfelder und rieche sie ebenso intensiv wie er.

Ich bin verzaubert und hätte noch stundenlang weiter lesen können. Bitte mehr davon.
Chapeau Verena Stauffer.

Unbedingt lesen!!!

„Oh, schaukelnde Blätter! Als suchten sie neue Äste und fänden nur den erdigen Boden, der sie mit dem nächsten Regen mürbe werden ließ und zurücknahm. Oh, letzte Ameisen! Als hätten sie es eilig, aber kein Ziel, als würden sie sich umdrehen, um zu sehen, woher sie gekommen waren, damit sie sich erinnern, wohin sie wollten. Auf den Feldern stand noch das Getreide, Roggen wogte, zeichnete weiche Pölster auf die Gründe, auch der Hafer warf flauschige Bauschen über das Land und in der Ferne leuchtete ein Lavendelfeld. Ein Teppich war die Landschaft, an dem die Jahreszeiten woben und stickten, ein Gobelin.“ (Seite 168)

Kurz & Knapp … Das Debüt 2018

Zuerst …

werde ich hier alle Bücher in der Reihenfolge kurz vorstellen, in der ich sie gelesen habe inklusive einem kurzen Fazit. Danach gibt es meine Entscheidung mit meiner ganz persönlichen Meinung. Diese Meinung ist meine und spiegelt einzig mein Empfinden beim Lesen des Buches. Alle Titel waren dieses Jahr sehr stark.

 

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Bevor wir verschwinden von David Fuchs

Ben ist Medizinstudent und soll als nächstes ein Praktikum auf der Onkologie absolvieren. Dort trifft er unerwarteter Weise seine erste große Liebe Ambros. Ambros ist Patient und hat metastasierenden Krebs. In Rückblicken erzählt David Fuchs von der ersten Liebe und von der Vergänglichkeit und dies in Mitten eines Krankenhausalltags, in denen die Patienten auf der Onkologie nur so wegsterben.

Fazit: Mein erstes Buch der Shortlist und ich fühlte mich etwas mit dem Thema überfordert. Die vielen Szenen mit den Nadeln (Infusionen, Punktionen etc.) sowie den ausführlich beschriebenen Tierversuchen waren eindeutig nichts für mich.

(Haymon Verlag, ISBN: 9783709934333, Preis: 19,90 Euro)

 

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Alles was glänzt von Marie Gamillscheg

Im Mittelpunkt des Romans steht ein Berg und ein kleines Dorf welches im Schatten des Berges liegt. Als eines Tages der Berg „zittert“ ahnen die Menschen, die dort leben, das etwas passiert. Marie Gamillscheg lässt die Bewohner des Dorfes zu Wort kommen. Sie erzählen von Menschen die schon beim ersten „zittern“ in die große Stadt geflohen sind und von denen, die ausharren bis zum Schluss. Von denen, die ihrer Heimat nicht verlassen wollen.

Fazit: Ich fand die Geschichte wirklich spannend geschrieben. Bis zum Schluss habe ich darauf gewartet, das etwas passiert. Doch außer einem Unfall ganz zu Anfang ist nicht wirklich etwas passiert. Und dennoch hat es die Autorin mit ihrem ganz eigenen Schreibstil geschafft, das ich bis zum Schluss Neugier blieb, in der Hoffnung, dass da noch etwas Großes passiert.

(Luchterhand, ISBN: 9783630875613, Preis: 18,00 Euro)

 

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Der letzte Huelsenbeck von Christian Y. Schmidt

Daniel hat einige Jahre in Ostasien gelebt. Nun ist er zurück. Auf der Beerdigung seines Jugendfreunds kommt es zu einer Schlägerei. Von da an scheint alles aus dem Ruder zu laufen. Daniel erinnert sich an seine Zeit mit Victor, den Verstorben, und der Clique den sogenannten Huelsenbecks, Anhänger des Dadaismus. Immer öfter taucht in Daniels Erinnerung eine geheimnisvolle Frau auf, die er nicht greifen kann. Er befragt seine ehemaligen Freunde, doch je mehr er erfährt desto verstrickter und komplizierter wird das Ganze. Jeder hat seine ganz eigene Erinnerung an die damalige Zeit.

Fazit: Zuerst hat mich dieser ständig bekiffte bzw. unter Drogen und Alkohol stehende Daniel genervt. Ich hab mich echt gefragt, muss das sein? muss ich ein Buch lesen, in dem der Protagonist ständig zugedröhnt ist und seine Umwelt nicht klar mitbekommt. Doch je mehr ich gelesen habe, desto interessanter und spannender fand ich die Geschichte. Das Ende hat mich dann echt überrascht.

(Rowohlt Berlin; ISBN: 9783737100243, Preis: 22,00 Euro)

 

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Orchis von Verena Stauffer

Anselm ist leidenschaftlicher Botaniker und Orchideensammler. Er befindet sich gerade in Madagaskar, um dort eine neue Orchidee zu finden. Er ist überwältig von Land und Leute. Kurz bevor das Schiff Richtung Heimat ablegt, findet er seine einzigartige Orchidee. Anselm ist beseelt von ihrer Schönheit. Auf der Heimfahrt erkrankt Anselm so schwer, das er sich immer mehr in Halluzinationen verirrt. Schließlich glaubt er, dass ihm eine Orchidee auf der Schulter wäschst. In der Heimat angekommen, lassen seine Eltern ihn in eine Nervenheilanstalt einweisen. Dort kann Anselm auch wieder genesen. Er nimmt seine Arbeit als Botaniker wieder auf.

Fazit: Was für eine Sprache! Die hat mich echt umgehauen. Ich habe selten ein so sprachgewaltiges Buch erlebt. Stauffers Beschreibungen ließen mir manches Mal mein Herz schneller schlagen. Ich hatte das Gefühl, ich stehe mit Anselm in diesen Orchideenfelder und rieche sie ebenso intensiv wie er. Die Autorin schafft mit ihrer Sprache ein sehr intensives Leseereignis.

(Kremayr & Scheriau, ISBN: 9783218011044, Preis: 22,90 Euro)

 

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Nichts, was uns passiert von Bettina Wilpert

Anna und Jonas kennen sich. Flüchtig. Nun ja, sie hatten einmal Sex miteinander, aber das war nicht der Rede wert. Dann war da diese Geburtstagsfeier von Hannes. Anna und Jonas sind auch eingeladen. Beide trinken viel Alkohol, knutschen rum. Anna hat einen Filmriss. Am nächsten Tag hat Anna das Gefühl, dass irgendetwas schief gelaufen ist. Sie glaubt Jonas hat sie vergewaltigt. Doch hat er das wirklich. Sie kann sich nicht wirklich erinnern. Nach Monaten, auf Zureden ihrer Schwester zeigt sie Jonas dann doch wegen Vergewaltigung an. Jonas sagt, er habe sie nicht vergewaltigt. es steht Aussage gegen Aussage. Freunde, Familie, Bekannte werden befragt. Und am Ende ist nichts mehr so wie es war ….

Fazit: Ein sehr intensiver Roman, der mich als Leserin hin und her gerissen hat. Wem glaubt man? Wer sagt die Wahrheit? Keine leichte Aufgabe dies heraus zu finden. Wer ist Opfer, wer Täter? Oder sind nicht Beide beides? Achtung, einige Szenen in diesem Buch könnten Triggern!!!

(Verbrecher Verlag, ISBN: 9783957323071, Preis: 19,00 Euro)

 

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Meine Entscheidung …

Platz 3 und somit 1 Punkt:

Alles was glänzt von Marie Gamillscheg

Marie Gamillscheg schafft es mit ihrer fabulierenden Sprache mich bis zur letzten Seite neugierig zu halten. Immer in der Hoffnung das etwas Großes passiert lese und lese ich die unterschiedlichsten Geschichten der Dorfbewohnen über ihr Leben am und mit dem Berg.

 

Platz 2 und somit 3 Punkte:

Der letzte Huelsenbeck von Christian Y. Schmidt

Auch wenn mir der Protagonist zuerst mächtig auf den Keks ging, so gewann die Geschichte doch immer mehr an Sog. Auch hier war es so, dass ich als Leserin einfach wissen wollte was steckt hinter dieser ganzen Geschichte um die Huelsenbecks. Vor allem hat mich fasziniert wie verschwommen die Grenzen zwischen Wahrheit, Erinnerung und Halluzination waren. Diese Buch ist abgedreht und anders, und deshalb lesenswert!

 

Platz 1 und somit 5 Punkte:

Orchis von Verena Stauffer

Verena Stauffer hat mich mit ihrer Geschichte an einen magischen Ort entführt. Einen Ort voller Fantasie, Gerüchen und Geräusche, die mich einfach nur begeistert haben, und mein Herz höher und schneller schlagen ließen. Es gibt so viele schöne Sätze in diesem Buch, wenn ich diese alle raus schneiden würde, dann bliebe nicht mehr viel Buch übrig. In einer Zeit, in der wir täglich so viele schlechte und schlimme Nachrichten lesen und hören, ist Stauffers Roman Balsam für die Seele. Chapeau ♥♥♥

 

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Und zuletzt …

vielen Dank an das Team von „Das Debüt“ für die tolle Vorauswahl der Bücher. Ebenfalls ein dickes Danke an die Verlage für die Bereitstellung der Leseexemplare.

DANKE!!! ♥♥♥

Und nun bin ich gespannt wer das Rennen macht ….