Durch deine Augen von Peter Hoeg

Carl Hanser Verlag
Fester Einband
336 Seiten
Erscheinungsdatum:
18.02.2019
ISBN: 9783446261686
Preis: 24,00 Euro

Klappentext
Simon hat versucht, sich das Leben zu nehmen. Peter besucht ihn in der Klinik, aber Simon ist völlig in sich verschlossen. Um ihn vor einem neuen Selbstmordversuch zu bewahren, nimmt Peter Kontakt mit der Therapeutin Lisa auf. Die drei waren Freunde im Kindergarten, sie bildeten den „Club der schlaflosen Kinder“, doch daran kann Lisa sich nicht mehr erinnern. Als Forscherin hat sie eine Methode gefunden, das Bewusstsein eines Menschen im Hologramm sichtbar zu machen. So will sie Patienten helfen, wieder in echte Beziehungen zu anderen zu treten. In ihrem Bemühen, Simon zu retten, kommen sich Peter und Lisa näher, und es gelingt ihr allmählich, sich an ihre eigene verschüttete Kindheit zu erinnern. Peter aber wird ein Buch über das gemeinsam Erlebte schreiben, einen Roman über unglaubliche menschliche Begegnungen: Durch deine Augen.

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„Wir sahen die Gegenwart. Und zugleich mit der Gegenwart sahen wir etwas von der Zukunft. Die Zukunft ist keine Verlängerung der Gegenwart. Oder eine Fortsetzung der Gegenwart. Die Zukunft ist ein Feld von Virtualitäten.“ (Seite 293)

Simon hat versucht sich umzubringen. Sein Freund Peter sucht nach einem Besuch bei Simon ihre gemeinsame Freundin Lisa auf. Lisa ist Therapeutin. Doch sie keine gewöhnliche Therapeutin, sondern sie erforscht das Bewusstsein der Menschen mit Hilfe hochmoderner Technologie, die Bewusstseinsströme in einer Art Hologramm darstellen. Als Peter auf Lisa trifft, erkennt sie ihren Jugendfreund nicht. Lisa nimmt Peter zu einem Scan mit, um ihm zu zeigen was sie erforscht. Schließlich erklärt sie sich bereit, Simon zu helfen. Während dieser Zeit kommen sich Peter und Lisa immer näher, und Lisa erinnert sich an die Zeit ihrer Kindheit und der Freundschaft mit den beiden Jungs. Die drei gehörten in ihrer Kindergartenzeit dem „Club der schlaflosen Kinder“ an, da sie in der Mittagszeit nie in den Mittagsschlaf fanden. Dafür stellten sie fest, dass sie in die Träume anderer Kinder und Menschen reisen können, und dort die Zukunft veränder können. Und während die drei sich immer mehr an die Ereignisse von damals erinnern können, stellt sich die Frage nach Fluch oder Segen von Lisas Forschung.

„Wir haben beide unsere Kindheit vergessen. Weil wir ins Offene geblickt haben. Aber damit kann man nicht leben. Damit kann ein Kind nicht leben. Also haben wir vergessen. Erinnert sich deswegen keiner so richtig an seine Kindheit? Weil die wirkliche Wirklichkeit irgendwann für alle offen steht? Und das eine Erfahrung ist, die zu heftig ist? Und wir daher lieber abschalten?“ (Seite 332)

Hoeg erzählt in zwei Erzählsträngen, die sich immer mehr miteinander verbinden, je weiter die drei in die Vergangenheit eintauchen, die zugleich auch ihre Zukunft wird.

Das liest sich jetzt erst einmal ziemlich wirr. Und das ist/ war es für mich am Anfang auch. Doch Hoeg entwickelt einen wahnsinnigen Sog beim erzählen. Je weiter ich in die Geschichte eintauchte, desto faszinierender fand ich die Thesen und Ansätze dieser Thematik.

Bei den Reisen ins Bewusstsein anderer Menschen erlebt Peter die Ängste, den Verlust und die Trauer dieser Menschen, denn sie haben Schlimmes erlebt. Hoeg erzählt hier sehr realistisch und manchmal ist es kaum auszuhalten, was man „durch die Augen“ der Menschen sieht. Auch die Reisen der Kids aus dem „Club der schlaflosen Kinder“ sind nicht ohne. Sie gehen sogar noch weiter und verändern bei ihren Reisen durch die Träume anderer die Zukunft. Und so vermengen sich die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft.

“ Was wird erzählt, was erzählt die Wirklichkeit, dort, wo die letzte Erzählung aufhört?“ (Seite 335)

Ihr findet das abgedreht? Ist es sicherlich auch … irgendwie, aber die Geschichte ist auch wundervoll, tröstlich und philosophisch. Man muss beim Lesen offen bleiben für die feinen und leisen Zwischentöne dieser Geschichte.

Unbedingt lesen!!!

Eine Reise mit unerwartetem Ausgang

Zsolnay, Paul Fester Einband  272 Seiten  Erscheinungsdatum: 25.07.2016  Preis: 20,00 € ISBN: 9783552063266

Zsolnay, Paul
Fester Einband
272 Seiten
Erscheinungsdatum: 25.07.2016
Preis: 20,00 €
ISBN: 9783552063266

Klappentext
Nora hat ihren Vater verloren. Das wäre schon schlimm genug, doch dann erfährt sie seinen letzten Willen. Sie muss Paris und ihr schönes Leben dort verlassen, um mit der Asche ihres Vaters im Handgepäck und einem pedantischen jungen Notariatsgehilfen, der ihr täglich das nächste Etappenziel mitteilt, eine Wanderung zu unternehmen – durch ein Land, das sie kaum kennt.
Nora, die lebenslustige Chaotin, und Bernhard, der strenge Asket, folgen zwischen Regengüssen, Wortgefechten und allmählicher Annäherung einem Plan, der ihr Leben auf den Kopf stellen wird.

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„Der Tod ist ein Skandal, hat Canetti gesagt. Das ist ein großer Unsinn. Canetti gehört nicht zum Kreis meiner Altersfreunde! Der Tod ist eine simple Sache. Der Skandal ist das Leben. Es geht einfach weiter.“ (Seite 192)

Nora und Bernard kennen sich nicht und trotzdem reisen sie gemeinsam von Paris aus in die Alpen. Und sie tun dies nicht freiwillig. Noras Vater ist plötzlich verstorben und hat an das große Erbe, dass Nora gerade Recht kommt, eine Bedingung geknüpft. Seine Asche soll in den Alpen verstreut werden, an der Stelle, an der Noras Mutter vor zig Jahren ums Leben kam. Und damit Nora auch wirklich diese Reise unternimmt, stellt ihr Vater ihr ein Notariatsgehilfe zur Seite. Dieser soll mitreisen und Nora täglich einen Brief geben, in dem genaue Anweisungen für die Reiseetappen stehen. Doch die beiden sind wie Feuer und Wasser, und dementsprechend ist die Reise für beide eine Herausforderung.

„Alles ist irgendwann das erste Mal. Und alles ist irgendwann das letzet Mal. Der erste Kuss, der letzte Kuss … der unwiederbringliche letzte Kuss.“ (Seite 193)

Als ich Cover und Titel gesehen habe, habe ich erst einmal gedacht … was ist das denn für ein „komisches“ Buch. Dann las ich den Namen des Autors und wurde sofort an mein erstes Buch „Liebe unter Fischen“ von ihm erinnert. Das hatte mir seinerzeit sehr gut gefallen. Für mich war klar, dieses Buch muss ich lesen.

Dieses Buch hat sehr viel zu bieten. Neben den ständigen Zankereien zwischen Nora und Bernhard (die mich zum Lachen bringen) und Noras Nörgeleien (die mich echt manchmal nerven … so eine verwöhnte Zicke) geht es in diesem Buch um den Sinn des Lebens, der Auseinandersetzung mit dem Sterben und dem Tod. René Freund verpackt diese ernsten Themen geschickt zwischen Humor und tiefsinnigen Briefen. Die sind übrigens mein persönliche Highlight. Die Briefe, die Noras Vater an seine Tochter schreibt, in einer Zeit, in der er weiß, dass er sterben wird. Diese Rückschau auf das gelebte Leben, die Gedanken und Hoffnungen über das Sterben und den Tod an sich … einfach wunderschön, sofern man hier wunderschön reden kann.

„Ich verstehe da so: Es gibt nur zwei Möglichkeiten – es gibt keine dritte! Entweder, das alles hat einen Sinn, oder alles ist Willkür und Zufall. Entweder. Dein Leben wird von einer inneren Weisheit geleitet, oder deine Freunde, deine Familie, deine Erfahrungen sind sinnlos und austauschbar. Und auch wenn ich wie wir alle den Sinn nicht erkennen kann, möchte ich auf den Sinn wetten. Das macht unser Leben einfach größer und erfüllter.“ (Seite 234)

Nicht vom Cover und vom Titel abschrecken lassen … unbedingt lesen!!!