Klappentext
Raffael, der Selbstbewusste mit dem entwaffnenden Lächeln, und Moritz, der Bumerang in Raffaels Hand: Seit ihrer ersten Begegnung als Kinder sind sie unzertrennlich, Raffael geht voran, Moritz folgt. Moritz und seine Mutter Marie sind Zugezogene in dem einsamen Bergdorf, über die Freundschaft der beiden sollte Marie sich eigentlich freuen. Doch sie erkennt das Zerstörerische, das hinter Raffaels stahlblauen Augen lauert, Als Moritz eines Tages aufgeregt von der Neuen in der Schule berichtet, passiert es: Johanna weitet das Band zwischen Moritz und Raffael zu einem fatalen Dreieck, dessen scharfe Kanten keinen unverwundet lassen. Sechzehn Jahre später hat die Vergangenheit die drei plötzlich wieder im Griff, und alles, was so lange ungesagt war, bricht sich Bahn – mit unberechenbarer Wucht.
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„Das grün ist dunkler geworden, viel dunkler, tief und massiv, fast schwarz. Einst war Raffael knospengrün, raupengrün, wie Zuckererbsen in ihrer frisch geöffneten Schote, an manchen Tagen limonenhell. Schwarze Flecken hat das Grün bekommen, wie Schimmel. Moritz steht da und schaut und kann doch, was er sieht, nicht verstehen. Etwas ist passiert. Er weiß, dass Raffael nicht schläft. Er erkennt es an den aufleuchtenden Spritzern, die durch das Grün schießen.“ (Seite 39)
Moritz ist gerade mit seiner Mutter Marie und seiner kleinen Schwester Sophia in das kleine Bergdorf gezogen. Auf dem Spielplatz begegnen sich die beiden Jungs das erste Mal und Raffael nimmt Moritz sofort unter seine Fittiche. Denn Raffael ist ein sehr offenes, charismatisches und zugleich bösartiges Kind. Moritz eher scheu, zurückhaltend und ergeben. Marie ist nicht wirklich glücklich über die Freundschaft der Kinder, ahnt sie doch, dass Raffael Moritz nicht gut tut. Und als Moritz dann immer wieder mit Blessuren nach Hause kommt, versucht sie ihren Sohn zu überzeugen ihr zu erzählen, wie es dazu kam. Doch Moritz schweigt.
Als die beiden Teenager sind, kommt Johanna dazu. Ihre Eltern sind bei einem Unglück ums Leben gekommen und sie lebt nun bei ihrer Großmutter. Sie sucht Anschluss und die beiden Jungs nehmen sich ihrer an. Doch aus dieser Dreiecksbeziehung entspringt nichts Gutes. Kurz nach der Matura kommt es zu einem Bruch.
Sechszehn Jahre sind vergangen, Moritz wird in Kürze Vater, da schellt es eines Abends an Moritz Haustür. Er öffnet und Raffael steht vor der Tür. Plötzlich ist die Vergangenheit wieder präsent und alles müssen sich ihr endlich stellen …
„Er sah zu, wie das Blut sich vermischte, seins und Rafs. Es brannte und tat weh. Raf schaute ihm in die Augen.
„Blutsbrüder“, sagte er, ohne zu lächeln.
„Was heißt das?“, fragt Motz.
„Dass wir jetzt mehr sind als Freunde. Wie verwandt“, sagte Raf und schaute ihn immer noch an. „Das du mir gehörst.““ (Seite 44)
Was für ein krasses und geniales Debüt!!! Ich weiß gar nicht wo ich anfangen soll. Zuerst ist mir diese echt tolle Sprache aufgefallen. Ich kann es gar nicht so genau fest machen. Es ist so eine schöne Erzählweise. So leise, manchmal fast poetisch … aber das was sie erzählt ist grausam, abstoßend und verletzend. Das bewirkte bei mir, dass ich in einen Sog geriet. Ich fing an zu lesen und konnte gar nicht mehr aufhören. Was mich fesselte war wie gesagt die Sprache einerseits und dann die Geschichte andererseits.
Die Geschichte wird in mehreren Zeitebenen und aus verschiedenen Sichtweisen erzählt. Es kommen Moritz, Raffael, Marie (Moritz Mutter) und Johanna zu Wort. Das trägt enorm zur Spannung bei, muss sich jedoch auch konzentrieren, um sich nicht zu verlieren.
Es ist wieder eines dieser Bücher, die mich auch emotional sehr gefordert haben. Ganz ehrlich … Raffael war/ ist ein echter Kotzbrocken. Ich mochte dieses Kind und später auch den Jugendlichen und Mann überhaupt nicht. Seine ganze besitzergreifende und manipulative Art hat mich abgestoßen. Ich konnte nicht verstehen, dass es solche Art von Menschen geben kann. Ja, ich weiß, es gibt sie … Ich habe mich oft gefragt, warum Raffael so ist, wie er ist. Sicherlich hat sein Umfeld/ Familie damit etwas zu tun. Doch entschuldigt ein kaputtes Elternhaus alles? Ich denke eher nicht.
Auch Johanna ist eine, dich ich nicht wirklich mochte. Sie hat die beiden Jungs gegeneinander ausgespielt und sich dabei letztendlich mehr geschadet als sie wollte. Irgendwie war ist sie eine sehr traurige Gestalt in diesem Buch.
Und Moritz hätte ich am liebsten stundenlang in den Hintern getreten um ihm klar zu machen, dass er sich von Raffael lösen muss. Irgendwie war er mir oft zu passiv, was wohl auch daran lag, dass er besonders harmoniebedürftig war, und Ärger eher aus dem Weg gegangen ist.
Ihr seht, für mich war es ein sehr emotionales Buch, welches mich noch lange im Anschluss beschäftigt hat. Wie weit darf man in einer Freundschaft gehen? Darf man das Vertrauen von Freunden auf eine zerstörerische Art und Weise missbrauchen? Wie viel Verrat erträgt eine Freundschaft? Und kann man das dann alles irgendwann verzeihen?
„Aber eins sag ich dir, Moritz: Irgendwann wirst du erkennen, dass manche Menschen nur leuchten, indem sie andere ins Dunkle schubsen.“ (Seite 302)
Chapeau Mareike Fallwickl für dieses Debüt. Eins meiner Lesehighlights in diesem Jahr. Ich freu mich schon auf weitere tolle Romane.